Eisvogel

Kraniche am Himmel über Neu-Isenburg

Jetzt geht es rund

Nach einigen ruhigeren Tagen zeigen die beim NABU-Naturgucker eingehenden Beobachtungen seit gestern starken Kranichzug, sowohl über Hessen als nun am Freitag auch über Nordrhein-Westfalen. Während ab Donnerstag in Hessen der Übertritt Richtung Rheinland-Pfalz vor allem über Taunus und Mittelrhein verlief, fielen am Freitag ungewöhnlich viele Meldungen aus Südhessen auf. Dazu passen auch Beobachtungen aus dem benachbarten bayrischen Mainfranken und weiter nördlich aus dem Spessart. Selbst aus Ladenburg am Neckar, also bereits auf baden-württembergischer Seite, wurden Kraniche gemeldet.

Neu-Isenburg


In Neu Isenburg sahen wir schon am 9.Oktober um 18:15 Uhr 178 Kraniche gen Südost ziehen. Wir wissen vom Sonntag, 29. Oktober von 61 Kranichen über dem Fichtenweg und am Montag, 30. Oktober 2017 waren es nachstehende Beobachtungen: Am 31. Oktober folgten noch mehr:

Kraniche lassen sich auch vom stürmischen Wetter nicht beeindrucken.

Auf sämtlichen Zugrouten herrscht weiter dichter Flugverkehr. Wo der Himmel aufreißt, bestehen gute Chancen, ziehende Kraniche zu sehen, zu hören sind sie allemal. Das kalte Wetter - sagt man - lässt sie aufbrechen, doch es ist der meist kalte Nordostwind. Sie benötigen eine unterstützende Luftbewegung von Nordost nach Südwest. Mit 50 bis 70 km/h „Eigenleistung“ erreichen sie dann über dem Festland Geschwindigkeiten von z.B. 100 km/h.
Ist diese Luftströmung in niedrigen Höhen zu finden können wir sie gut sehen, so geschehen am 30. Oktober 2017.
Kaum sind diese Strömungen weiter oben, fliegen die Vögel weiter oben, sie werden oft übersehen oder durch die Wolkendecke für uns unsichtbar. Auch kreisen sie gern in Thermikstrudeln, schrauben sich nach oben, um dann energiesparend zu segeln und wieder an Höhe zu verlieren.
Insgesamt sind im Herbst über Hessen bis zu 250.000 Vögel am Ziehen. Der NABU ruft dazu auf, Kranichbeobachtungen unter www.Kranich-Hessen.de online zu melden. 

Hintergrund Kranichzug in Hessen

Hessen liegt in einer Hauptzugroute der Kraniche auf ihrem Weg von der Ostsee in ihre Winterquartiere im Südwesten Europas. An ihren größten nördlichen Sammelplätzen – z.B. bei Rügen und an der Mecklenburgischen Seenplatte oder bei Linum – finden sich im Herbst jeweils 100.000 bis 120.000 Kraniche ein. Bei günstiger Witterung brechen einzelne Schwärme früh morgens auf und ziehen südlich und nördlich am Harz vorbei. Sie erreichen dann das Weserbergland und Thüringen und fliegen meist in den Nachmittags- und Abendstunden weiter durch Hessen. Schwerpunkte des hessischen Durchzuges sind die Flusstäler Ober- und Mittelhessens, wo einige Tiere bei schlechten Flugbedingungen auch Rastgebiete aufsuchen.
Im Oktober und November gibt es bei günstiger Witterung oft Massenflugtage, an denen in kurzer Zeit bis zu 50.000 Vögel über Hessen hinweg ziehen. Beim Weiterflug erreichen die über Hessen ziehenden Vögel die Auen von Main und Rhein und fliegen schließlich über Frankreich, wenn sie dort nicht verbleiben, weiter nach Südwesten. Bei günstigen Flugbedingungen können die bis 1,30 Meter großen Tiere ohne Halt bis nach Südeuropa fliegen.
Für den Naturbeobachter sind die ziehenden Kraniche an ihrer keilförmigen Formation und den trompetenartigen Rufen zu erkennen. So wie er im Französischen genannt wird „grue“. Wenn man das „r“ rollt kommt man auf die Rufe: Grrrüü- Grrrüü die weit zu hören sind. Die kräftigen und erfahrenen Tiere fliegen an der Spitze und wechseln sich dort auch ab, dann folgen Familien mit durchschnittlich zwei Jungtieren mit ihrem noch braunen Kopfgefieder. Diese fiepen zwischen das warme Grrrüü- Grrrüü der Eltern.

Es kommen öfter recht spät noch Kraniche in großer Zahl aus dem Norden und Osten nach. So wurden an den Linumer Teichen und Havelland 72 000 Kraniche gezählt. Manchmal kommen in einer Woche 25 000 nach, die dann je nach Witterung in Trupps weiterziehen. Der Schutz von Refugien hat sich ausgezahlt. Der Kranich, rund 8000 Brutpaare leben heute in den verbliebenen feuchten Bruchwäldern, Feldsäumen und Auen Nord- und Mitteldeutschlands, liegt im Aufwärtstrend. Das ist so auch beim Weißstorch, beim Seeadler, beim Wanderfalken und Uhu die Tendenz, dank intensiver Bemühungen. Auf der anderen Seite brechen uns die ehemals häufigen Vögel zahlenmäßig zusammen. Die Art wie wir Landwirtschaft betreiben lässt die Feldlärche, den Wiesenpieper, das Braunkehlchen und viele andere zahlenmäßig bedrohlich abnehmen. Sogar den Star, auch wenn er noch allerorten zu finden ist.