Eisvogel

Geschichte

Die Ortsgruppe

Die Ortsgruppe Neu-Isenburg im NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) feiert im Jahr 2008 ihren 100. Geburtstag.

Sie ist eine Ortsgruppe des NABU-Bundesverbandes mit Sitz in Berlin. Darüber hinaus gibt es den NABU-Landesverband Hessen e.V. und den Kreisverband Kreis Offenbach e.V. als Zwischenstrukturen.

Lange Jahre gab es keine gesicherten Erkenntnisse über die
Entwicklung des Vogelschutzes in der Hugenottenstadt. Doch dann fand man Aufzeichnungen des verstorbenen Oberstudienrats Ernst Fischer, der von 1950 bis zu Beginn der 70er Jahre die damalige Ortsgruppe Neu-Isenburg im Deutschen Bund für Vogelschutz führte.

Ernst Fischer, der am Goethe-Gymnasium Mathematik und Biologie unterrichtete, zeichnete auf, dass Förster Karn, 1908 nach Neu-Isenburg versetzt, sofort begann, "den Zusammenschluss aller Freunde des Vogelschutzes in die Wege zu leiten". Er gewann in kurzer Zeit enorm viele Mitglieder.

Bereits 1909 wurde auf den städtischen Wiesen "Im Grund" (Grundwiesen) eine Vogelschutzhecke angelegt. Sämtliche jetzt dort befindlichen Sträucher und Bäume wurden damals gepflanzt. Schon 1912 gab es ein Merkblatt für den Schutz der Gefiederten, das der damalige Vorstand herausgab. Das Aufgabengebiet des Ausschusses wurde so definiert: Aufhängen von Nistkästen, Schutz der Vögel vor Nachstellungen, Aufstellen von Vogelschutzgeräten und vogelkundliche Wanderungen.

1926 betrug der Jahresbeitrag für Mitglieder eine Reichsmark.

Betrug die Mitgliederzahl 1941 noch 27 Personen, waren es 1943 erfreulicherweise schon 111.
Der von den Nationalsozialisten propagierte "totale Krieg" brachte das Vereinsleben weitgehend zum Erliegen. Erst 1949, vier Jahre nach Kriegsende, wurde die Ortsgruppe durch Ernst Fischer neu gegründet. 1959 wurde bei einer Zusammenkunft der Mitglieder (50 Erwachsene und 40 Schüler) Ernst Fischer zum Vorsitzenden gewählt. Das Vereinsleben lief in geordneten Bahnen mit Vorträgen, Exkursionen und vielen anderen Aktivitäten.

1971 schlüpfte die Ortsgruppe zeitweise unter das Dach des damaligen Bundes für Volksbildung. Auch der Forstmann Peter Eisernitz war ab 1973 im Vorstand.

1975 wurden mehrere tausend Nashornkäferlarven, die im Komposthaufen bei der jetzigen Stadtgärtnerei gefunden wurden, in tagelanger Arbeit umgesetzt und so gerettet, bevor notwendige Arbeiten begannen.

Nach Ernst Fischer folgte von 1977 bis 1998 Ernst Böhm als langjähriger Vorsitzender des DBV (Deutscher Bund für Vogelschutz) in unserer Stadt. Er war bereits ab 1965 in Zeppelinheim im Vogelschutz aktiv, das erst 1977 zu Neu-Isenburg kam.

1979 wurden auf dem Wochenmarkt 610 Unterschriften für das Naturschutzgebiet Gehspitzweiher gesammelt. Am Ende kamen über 2.700 Unterschriften zusammen, die uns dabei halfen, uns gegen die Stadt Frankfurt und den Flughafen Frankfurt durchzusetzen, die das Schutzgebiet ablehnten. Sie wollten die Grube als Altreifendeponie nutzen, um anschließend darauf Kiefern zu pflanzen. Wir konnten uns Seite an Seite mit der Stadt Neu-Isenburg und den anderen Naturschutzverbänden durchsetzen. So wurde das Gebiet ab 1981 zum Naturschutzgebiet erklärt.

Im Jahr 1979 wurde auch Heinz Kapp als 2. Vorsitzender in den Vorstand gewählt.
Es begann eine bis heute andauernde intensive Zusammenarbeit mit Ernst Böhm, aus der auch der Einspruch aller Naturschutzverbände gegen die Planung der Stadt in der Ostgemarkung hervorging, den Bebauungsplan 21. Die direkte Erholungsnutzung unserer Erlenbachaue mit einem See, einem "Café Seebühne", Booten, Angelnutzung, einem Hochhaus und einer verrohrten Ableitung des Mühlgrabens nach Frankfurt konnte 1981 verhindert werden. Heute ist die Erlenbachaue ein FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat).

Im gleichen Jahr wurden bei der Sanierung des Spielplatzes in Zeppelinheim ca. 1.000 Hirschkäferlarven entdeckt und gerettet.

Die 80er und 90er

Der Deutsche Bund für Vogelschutz heißt seit 1990 Naturschutzbund und erfuhr damals eine Umstrukturierung. Die Mitglieder wurden von da an zentral beim Bundesverband geführt und verwaltet. Das änderte natürlich für die zu der Zeit 174 Erwachsenen und 11 Kinder nichts an der Zugehörigkeit und ihrer Arbeit vor Ort.

Um 1980 engagierte sich der NABU ganz entschieden gegen die Flughafenerweiterung mit der Startbahn 18 West, die bekanntermaßen nicht verhindert werden konnte und die politisch versprochen die "absolut letzte Ausweitung des Flughafens" sein sollte.

Entlang des Hengstbaches pflanzte der NABU mit den amerikanischen Pfadfindern 1981 Erlen, Weiden und Pfaffenhütchen.

Dass es in Neu-Isenburg ab 1982 eine Arbeitsgruppe Umweltschutz gibt, ist der Initiative von Ernst Böhm und Heinz Kapp zu verdanken. In dieser Gruppe treffen sich die örtlichen Naturschutzverbände 4-5mal im Jahr zu Besprechungen mit den Amtsleitern von Ordnungsamt, Planungsamt, DLB (Dienstleistungsbetrieb) usw. sowie mit Erstem Stadtrat und Bürgermeister zu Besprechungen umweltrelevanter Entscheidungen und Anliegen. Von Politikern wurde diese Zusammensetzung abgelehnt, weil wir keine Politiker in dem Gremium haben wollten, damit immer vor Wahlen zu erwartende Blockaden und Selbstdarstellungen vermieden werden. Diese Arbeitsgruppen-Zusammensetzung hat sich absolut bewährt.

1983 konnte auf Drängen von Ernst Böhm, mit Geldern aus dem Hessischen Nachtragshaushalt, der Damm am Sickerbecken Fischer-Lucius beseitigt und mit einer Lehmsohle für einen ganzjährigen Wasserstand gesorgt werden. Das neue Amphibienschutzgebiet beherbergte neben Grasfröschen und Erdkröten später sogar Laubfrösche und Kreuzkröten, aber auch den Teich- und den Bergmolch.
Ab diesem Jahr begann auch das Abfangen von wandernden Fröschen, Molchen und Kröten mittels eines Froschzaunes an der L3117 auf Höhe der Müllerwiese, die wir bis heute jedes Frühjahr betreuen.

Das Naturschutzgebiet (NSG) "Bruch von Gravenbruch" konnte nach Bemühungen der Stadt, der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) und des NABU 1984 vom Regierungspräsidium aufgrund seiner hohen Wertigkeit als NSG ausgewiesen werden. Es handelt sich hier um ein Niedermoor, das gut 300 Jahre bis zu seiner jetzigen Biotopstruktur benötigt hat. Es hat eine Fläche von 77 ha. Dieses einzigartige Gebiet hat hessenweit in seiner Art Bedeutung.

Auf Drängen des NABU-Vorsitzenden wurden 1986 in der Stadtverwaltung Stellen für die zwei Biologen Hildegard Dombrowe und Dr. Peter Schönegge eingerichtet, die kompetent ihre Fachkenntnisse einbringen.

Auf der Insel im Naturschutzgebiet Gehspitzweiher konnte 1988 bei zugefrorenem See für die Flussregenpfeifer eine Kiesfläche angelegt und für den Eisvogel im Süden eine Sand-Steilwand abgestochen werden. Beide werden in jedem Winter gepflegt.

Der Umweltpreis würdigte 1989 "die vorbildliche Arbeit des Deutschen Bund für Vogelschutz, Ortsgruppe Neu-Isenburg/Zeppelinheim, zur Erhaltung unserer Umwelt".

Die "Obere Wasserbehörde" plante gegen ein mögliches Jahrhunderthochwasser ein Hochwasserschutzbecken bei der Müllerwiese, das dem städtischen Haushalt erhebliche finanzielle Belastungen gebracht hätte. Nach Einwänden unsererseits konnte es abgewendet werden. Flutungsraum wurde letztlich der Jakobiweiher und der umgebende Wald. Dort brauchte nur das Abflusswehr umgebaut zu werden.

Heinz Kapp begann 1990-1994 mit einer kontinuierlichen Jugendarbeit in der NABU-Ortsgruppe. Im letzten Jahr wurden mit dem Revierförster Hollitzer 400 Bäume nach Sturmschäden mit den Jugendlichen gepflanzt.

1997 wurde diese Arbeit wieder aufgenommen und die Naturschutzjugendlichen vom zweiten Schuljahr bis heute ins Erwachsenenalter begleitet.

Ab 1998 leitete Heinz Kapp als erster Vorsitzender die Geschicke der örtlichen NABU-Gruppe.
In diesem Jahr gelang es auch endlich, nach langen Bemühungen der Stadt und unsererseits, einen Abschnitt des Hengstbaches zu renaturieren. Dies geschah unter Einbindung der Pflanzungen, die wir bereits 1981 tätigten.

Die letzten Jahre

Mit einer Demonstration vor dem Rathaus, mit Gesprächen auf allen Ebenen und zuletzt auf einer Bürgerinformation der WOHNPARK GRAVENBRUCH GmbH kämpfte der NABU in den Jahren 2002 und 2003 mit den anderen Naturschutzverbänden gegen die Bebauung des Autokinogeländes.
Wir befürchteten bei einer Umsetzung dieser Planungen eine Beeinträchtigung des angrenzenden Naturschutzgebietes (NSG) "Bruch von Gravenbruch". Langfristig drohte aus unserer Sicht der Verlust der heute bestehenden Wertigkeit und Bedeutung dieses einzigartigen Gebietes.
Bei einer von uns durchgeführten Unterschriftenaktion hatten sich etwa 3.000 Bürger für die Erhaltung des Naturschutzgebietes ausgesprochen.
Durch massiven Druck war es uns gelungen, im Rahmen einer Informationsveranstaltung des Investors ein etwa 15-minütiges Rederecht zu erhalten. Wir stellten aus unserer Sicht die Probleme dar:
Eine Bebauung mache stadtplanerisch keinen Sinn, es gäbe Konflikte mit einem Zaun zum NSG, mit einem Wall zur Straße hin, mit der Pferdehaltung nebenan, mit der wiederkehrenden Nässe des Bruchs, mit dem Sendemast, dem Fluglärm. Es gäbe unabwendbare Beeinträchtigungen des NSGs durch Haustiere und die Bevölkerung.

Wir als NABU waren sehr darüber erleichtert, dass die Wohnpark Gravenbruch GmbH im März
2005 doch noch von einer Bebauung des Autokinogeländes Abstand genommen hat.
Es war nicht etwa ein Umdenken von Neu-Isenburger Politikern aus dem Bereich der Bebauungsbefürworter, sondern die angeblich schwache Nachfrage, die neben anderen wesentlichen Erschwernissen dieses Projekt für den Investor uninteressant gemacht hat.

2006 wurde die Jugendgruppe NAJU Neu-Isenburg von der Stadt Neu-Isenburg mit dem Umweltjugendpreis "für die langjährige, kontinuierliche Arbeit in Umweltbildung und Naturschutz" geehrt.

Nicht nur die Ortsgruppe, auch der NABU Hessen ist im Jahr 2008 100 Jahre alt geworden. Unseren „Geburtstag“ feierten wir mit einer Ausstellung im Rathaus.

Der Umweltpreis 2009 des Kreises Offenbach ging zu gleichen Teilen an unseren Vorsitzenden Heinz Kapp und die Kolpingfamilie in Dietzenbach.

Weil der Radverkehr bei der CO2-Vermeidung eine wichtige Rolle spielt, hat dieses Thema immer mehr Raum in der Arbeitsgruppe Umweltschutz beansprucht. Im Mai 2010 wurde deshalb auf Vorschlag von Stadtrat Herbert Hunkel die Arbeitsgruppe RADVERKEHR gegründet, an der wir mitwirken. Es geht dabei um Radwegeausbau, -Qualität, -Konflikte, um Einbahnstraßenregelungen und Abstellplätze.

Ebenfalls in diesem Jahr fand mit uns die erste Sitzung unter dem Titel „KLIMASCHUTZ“ in Neu-Isenburg statt. Hier gilt es Maßnahmen zu koordinieren, die die CO2-Vermeidung in Neu-Isenburg betreffen, und in einen Absichtsrahmen zu fassen. Ein Aktionsplan für 2012-2016 wurde erstellt.

Zu Beginn des Jahres 2010 wurde von uns ein Wanderfalkenbrutplatz auf dem Hochhaus beim Isenburg-Zentrum hergerichtet.

Ab Oktober 2010 gab es wieder einen Neuanfang in Sachen Naturschutzjugend. Es wurde eine Gruppe aus 14 Zweitklässern zusammengestellt, die sich am zweiten Samstag eines jeden Monats trifft. Dabei arbeiten anfangs Frau Strey, Frau Pahl und Herr Kapp zusammen. Frau Strey zog leider nach Hannover um und Frau Saurer ist jetzt eine der drei Betreuungspersonen.

Ab 2013 steht den Neu-Isenburger Grundschulen für die Vierten Klassen ein von Herrn Kapp als Mitglied der Arbeitsgruppe Klimaschutz erarbeitetes Unterrichtsprojekt zur Verfügung: ENERGIE ERFAHREN—ENERGIE SPAREN. Es ist eine fertige Unterrichtseinheit mit Versuchsmaterialien, Merkblättern, Arbeitsblättern und Lernkontrollen. Es ist über die Stadtbücherei auszuleihen.

Der NABU, auch in Neu-Isenburg, hat sich erheblich verändert: Von den Vogelfreunden und der Winterfütterung über das Pflanzen von Beerensträuchern und Dornenhecken entwickelte er sich hin zu einem allgemeinen Naturschutzverband, der sich um den Erhalt der gesamten Natur kümmert und von dieser Natur nicht nur so viel wie möglich zu erhalten versucht, sondern sich auch um die Vernetzung von Lebensräumen und die Wiederansiedlung von ausgestorbenen Arten bemüht.

Es sind die Fledermäuse ebenso wie die Amphibien, die Orchideen, die vertikale Begrünung, die Regenwassernutzung aber auch der sinnvolle Umgang mit Energie, die Themen, die exemplarisch stehen für eine gesunde Natur.
Die Vogelarten sind sensible Anzeiger der Qualität dieser Natur und natürlich gefällige Beobachtungsobjekte.

Wir sind froh über Unterstützung, über neue Mitglieder und jeden der die Natur - wie wir - wichtig nimmt und schützt!

Wir machen Führungen, reinigen 400 Nistkästen, nehmen zu Bebauungsplänen Stellung, beraten an Infoständen, arbeiten an Schulen und Kindergärten zum Beispiel bei Projektwochen mit, kooperieren mit Personen und Ämtern der Stadt, führen eine Naturschutzjugend, betreuen Naturschutzgebiete, machen Pflegeeinsätze, arbeiten mit dem Forst und anderen Naturschutzverbänden zusammen, machen Bestandserhebungen, tragen Frösche über die Straße und vieles mehr.

Stand November 2012